Friedensdemonstranten niederknüppeln

von Holger
Zwei Wochen vor den Kommunalwahlen lässt Polizei in Köln friedliche Friedensdemonstranten niederknüppeln. Ein kurzer persönlicher Bericht zum gestrigen Geschehen.

Wie in anderen Städten des Landes fand auch in Köln zum Antikriegstag eine Friedensdemonstration statt. Ab 13:30 versammelten sich die Teilnehmer friedlich auf dem Kölner Heumarkt. Die Sonne begrüßte die Menschen, man unterhielt sich, friedenspolitische Reden wurde gehalten. Es herrschte eine wunderbare friedliche Stimmung und erstmals nach langer Zeit fanden sich auch wieder Vertreter der unterschiedlichsten politischen Strömungen zusammen.

Langsam füllte sich der Platz. Auffallend war jedoch die große Polizeipräsenz am Rande und in den Nebenstraßen des Platzes. Schwerbewaffnete Polizeieinheiten bewachten das Geschehen. Als dann gegen 15:00 der Zug endlich Richtung Südstadt, angeführt von singenden und skandierenden Teilnehmern des Rheinmetall-Entwaffnen-Camps starten sollte, passierte erst einmal nichts.

Plötzlich standen große martialisch bewaffnete Polizeieinheiten Spalier und verengten den Ausgang Richtung Augustinerstraße. Was war los? Wann geht es endlich weiter? Die Teilnehmer skandierten friedenspolitische Forderungen oder sangen gemeinsam Friedenslieder. Eine wunderbare Stimmung, einer Friedensdemo würdig. Nur gestört durch eine unverhältnismäßig große Polizeipräsenz.

Über einen Mannschaftswagen verkündete dann nach mehr als einer Stunde endlich die Polizei, was der Grund für die Blockade der Demo sein sollte: Angeblich wurden von den Teilnehmern nicht genehmigte Metallstangen als Transparentstangen benutzt, die so nicht erlaubt seien. Die einzigen erkennbaren Metallstangen waren Teleskopstangen, die oft auf Demonstrationen benutzt werden oder Besenstangen. – Nichts bewegte sich.

Plötzlich eine weitere Durchsage, nun waren es angeblich Holzstangen, die einen größeren Durchmesser als 3 cm aufwiesen. Es wurde immer klarer: Die Polizei wollte den Demonstrationszug verhindern und suchte nach Gründen dafür, das Demonstrationsrecht einzuschränken.
Mit zwei Stunden Verspätung ging es jetzt endlich los. Friedlich singend marschierte man gemeinsam die Augustinerstraße bis zur kleinen Sandkaul hoch, überquerte dort die KVB-Linie, zog weiter die Pipinstraße hinunter und bog rechts in Heumarkt ein. Am Malzbüchel kam der Zug erneut zum Stehen, wieder wusste niemand, was los war.

Gemeinsam sang man „Bella Ciao“, das „Soldatenlied“ von Erich Mühsam. Ein wunderbare, ruhige, friedliche Stimmung. Doch es ging nicht weiter. Eine erneute Durchsage der Polizei: inzwischen waren es angeblich vermummte Demonstrationsteilnehmer und zu hoch (!) getragenen Transparente, die die Polizeiblockade rechtfertigen sollten.

Endlich ging es weiter, der Zug biegt Richtung Rheingasse ab. Alles sehr eng dort, noch enger durch den Aufmarsch der Polizeieinheiten auf beiden Seiten des Demozuges.
3 (!) Stunden nach dem eigentlichen Beginn der Demonstration erreichen wir nun Am Leystapel das Schokoladenmuseum. Wieder kommt alles zum Stehen. Plötzlich der Geruch von bengalischem Feuer, der zieht schnell ab, gibt der Polizei jedoch einen weiteren Grund, den Demozug erneut länger aufzuhalten.

Endlich geht es weiter. Auf dem Weg zum Chlodwigplatz biegen wir jetzt, immer beiderseitig von der Polizei begleitet, in die Mechtildisstraße ab, wieder eine der engen Kölner Straßen. Alles kommt zum Stehen, die Polizei riegelt die Straße von vorne ab, verengt den Raum von beiden Seiten.

Plötzlich Sanitäter, die junge Demonstrationsteilnehmer behandeln und auf den Bürgersteig führen. Eine junge Teilnehmerin wird von zwei Menschen geführt. Die Polizei sprüht von beiden Seiten unkontrolliert auf die jungen Demonstrationsteilnehmer Tränengas und schlägt einige von ihnen brutal nieder. Lange dürfen die Opfer dieser Gewalt den Zug nicht verlassen und können erst einmal nicht behandelt werden.

Der Kessel zieht sich zusammen, mittlerweile hat die Polizei den Block der Jugendlichen Campteilnehmer in einem inneren Kreis eingekesselt. Auch wir, die wir aus Solidarität mit ihnen in der Nähe des Kessels verbleiben, sind in einem zweiten Kessel gefangen. Man lässt einen nicht einmal raus, um Wasser zu holen. Nach zwei Stunden werden wir unter Stößen aufgefordert, den äußeren Kessel zu verlassen.

Weitere Polizeieinheiten werden angefordert. Ein Räumpanzer und Wasserwerfer wird am Holzmarkt positioniert. Den Jugendlichen wird selbst Wasser verwehrt, während die Polizisten sich selbst mit Wasser und kleinen Snacks versorgen. Einige junge Polizistinnen blicken fragend in die Menge. Es hat den Anschein, dass auch sie nicht wissen, was sie hier eigentlich tun. Ein Polizist äußert gegenüber einem Anwohner, dass ihr Vorgehen abschreckende Wirkung für die Zukunft haben soll, damit derartige Demos nicht mehr stattfinden.

Mehrere Polizisten räumen den Zugwagen der Campteilnehmer leer, angeblich soll sich dort etwas Verbotenes befinden. Auch das ist nicht der Fall. Es wird provoziert, man möchte wohl einen Grund für diesen martialischen Einsatz finden. Die Eingekesselten verbleiben ruhig, skandieren und singen gemeinsam. Bewundernswert.

Mehrmals versucht die Polizei mit Gewalt den solidarischen Ring, den die Teilnehmer um den äußeren Kessel gebildet haben, gewaltsam zu durchbrechen. Die Demonstration wird seitens der Polizei aufgelöst, die Demonstrationsleitung stellt sofort einen erneuten Antrag auf Versammlung. Lange wird ihnen auch dieses Recht vorenthalten, muss jedoch dann genehmigt werden.

Die Stimmung ist weiterhin gut und kämpferisch. Man hilft sich gegenseitig, Kaffee und kleine Speisen werden zur Stärkung gereicht. Die eingekesselten Jugendlichen erhalten davon jedoch nach wie vor nichts, haben auch nicht die Möglichkeit auf die Toilette zu gehen. Anwohner filmen das Geschehen und versorgen uns mit Wasser. Eine Drohne schwirrt den ganzen Tag über uns. Die Polizei kündigt an, dass die Eingekesselten langsam den Kessel verlassen können und ihre Personalien geprüft werden.

Zumindest erhalten die Menschen im Kessel nun Nahrungsmittel. Bis auf die Polizei ist alles friedlich. Müde verlassen wir um 23:00 das Geschehen, fühlen uns dabei aber unwohl. Kann man die Jugendlichen dort wirklich alleine lassen? Was wird passieren? Zum Glück unterstützen weiterhin auch zur späten Stunde noch viele Teilnehmer die Eingekesselten.

Das Vorgehen der Polizei wurde gut von Perspektive Online dokumentiert, die letzten Teilnehmer konnten erst um 04:42 den Kessel verlassen, allerdings oft unter Tritten und Schlägen seitens der Polizei. Viele von ihnen wurden direkt auf die Polizeiwache nach Kalk gebracht, laut Aussagen von Sanitätern gab es bis zu 100 Verletzte, 20 davon mussten im Krankenhaus behandelt werden.

Eine friedliche Demonstration wurde in Köln scheinbar zu einer Bürgerkriegsübung genutzt, sieht so das kriegstüchtige Deutschland nach innen aus?

Weitere Berichtserstattungen zu diesem Thema:

– Brutale Polizeigewalt gegen Demonstration von „Rheinmetall entwaffnen“ Gewerkschaftliche Linke Berlin.

Video: LIVE: RHEINMETALL ENTWAFFNEN – Demo Kölner Heumarkt 30/08/25

2 Antworten auf „Friedensdemonstranten niederknüppeln“

  1. Den Bericht kann ich bestätigen. Ich bin bis 23:45 Uhr geblieben. Die Situation im Kessel selber kann ich nicht beurteilen. Die Lage vor dem Kessel wurde ja auch brenzlig, als die Polizei mehrfach durchsagte, dass wir zu gehen hätten, sie hätten die Versammlung aufgelöst. Ich hatte den Eindruck, dass auch die Polizei es gut fand, dass wir dann doch die Genehmigung hatten, weiter dort zu bleiben. Sie waren merklich entspannter, wie wir auch.

    Hoffentlich geht es den Verletzten wieder besser.

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